Interview | 2226-Geschäftsführer Stefan Corona über Einfaches Bauen
Stefan Corona ist Geschäftsführer der 2226 GmbH. Das österreichische international tätige Unternehmen mit Hauptsitz in Österreich verkauft das Konzept „2226“, das ursprünglich vom Architekturbüro Baumschlager Eberle erfunden wurde. Die Idee: Allein durch massives Mauerwerk und intelligente Lüftung das perfekte Raumklima zum Wohnen und Arbeiten zu schaffen. Aufgrund des großen Erfolgs wurde herausgelöst aus der Architektur das eigene Unternehmen 2226 gegründet.


Was verbirgt sich hinter dem Unternehmen und der Zahl 2226?
Stefan Corona: Das Verlangen nach immer noch mehr Technik und der daraus folgenden Übertechnisierung wurde bei den Baumschlager Eberle Architekten als nicht zielführend für zukunftsweisende Bauvorhaben angesehen. Entsprechend wurde nach neuen Wegen gesucht. So entstand ein Haus, das ohne Heizung, ohne Lüftung, ohne Kühlung auskommt. Unser Unternehmen verkauft dieses Gebäudekonzept, das alles von der Hülle bis zu den Fenstern beinhaltet, und begleitet die Architektur in allen Leistungsphasen, um sicherzustellen, dass alle Gesetzmäßigkeiten eingehalten werden. Dazu liefern wir auch die Software, die zum Konzept dazu gehört. Neben der inhaltlichen Unterstützung von den Vorentwürfen über die Simulation bis zur Schlüsselübergabe stellen wir ein Jahr lang eine Kontrolle der Funktionalität des Gebäudes bereit. Mit dem Definieren des für den Menschen angenehmen Wohlfühlbereiches, welcher sich zwischen 22 und 26°C befindet, war der Name für das neue Unternehmen gefunden.
Inwiefern steckt in dem Ansatz „weniger Technik“ Innovationskraft?
Stefan Corona: Neue Gebäude verbrauchen zwar immer weniger Energie; der Aufwand für diese Reduktion wird aber durch Unterhalt und Wartung der Haustechnik immer höher. Die Haustechnik wird „außer Gefecht“ gesetzt und der gesamte Lebenszyklus des Gebäudes im Sinne eines ganzheitlichen Ansatzes in den Fokus gerückt. 22 bis 26 °C ist genau jener Bereich, den der Mensch als angenehme Raumtemperatur empfindet. Dieses hervorragende Wohlfühlklima bieten Gebäude, welche nach dem 2226 Konzept gebaut werden, das ganze Jahr über, ohne Energie für Heizung oder Kühlung zu verschwenden. Die Gebäude stehen für Langlebigkeit und erfüllen sämtliche Anforderungen in Bezug auf Ökologie und Ökonomie. Vom Bau, über den Betrieb bis zum Recycling wird schonend mit Rohstoffen und Ressourcen umgegangen.
Was bedeutet Architektur ohne Haustechnik und wie erreicht man dieselben Ergebnisse in Hinblick auf Heizung und Kühlung?
Stefan Corona: Massiv mit Ziegeln ohne Dämmung gebaute Gebäude werden lediglich mit Wärme, die durch Nutzung und Benutzer entsteht, geheizt und mit Frischluft gekühlt. Die Betriebstemperatur der Innenräume pendelt dabei zwischen erstaunlich angenehmen 22 und 26º C. Erreicht wird die komfortable Raumtemperatur von 22 bis 26º C durch die Abwärme von Benutzern, Kunstlicht und Geräten. Damit das funktioniert, sind die Gebäude massiv gemauert, und die Fensterflächen sind im erforderlichen Verhältnis zur Fassade gestaltet.


Die zweischalige Außenwand des Gebäudes misst fast achtzig Zentimeter. Das innere Mauerwerk übernimmt die statische Funktion, während die äußeren Ziegelsteine mit dünnen Stegen und einem hohen Anteil an Luft das Gebäude dämmen. Dazwischen ist eine große Masse an Material: Da wir keine Heizung und keine Kühlung haben, nutzen wir die Speichermasse der Wände und Decken. Am Ende des Sommers wird Wärme gespeichert, die bis in kühlere Tage hineingetragen werden kann. Die Lüftung erfolgt über vertikale Lüftungsklappen an den Fenstern, die sich automatisch öffnen, wenn der CO2– Gehalt oder die Temperatur über das gewünschte Maß steigen.
Die richtige Temperatur schafft Behaglichkeit. Was gehört für Sie darüber hinaus zu einem guten Raumgefühl?
Stefan Corona: Neben der Temperatur stellen der CO2-Wert und die Luftfeuchtigkeit wesentliche – oft vernachlässigte – Parameter dar. Noch bevor die Luft in einem Raum stickig werden könnte, registrieren Sensoren bei unseren Gebäuden den steigenden CO2-Gehalt und öffnen automatisch ein Fenster. Die Baumassen und Oberflächen der massiv gebauten Wände gleichen Schwankungen der Luftfeuchtigkeit aus.
Haben Sie ein Lieblingsgebäude unter den Projekten, die das Label 2226 tragen?
Stefan Corona: Das Bürogebäude in Lustenau. Das ist 100 Prozent Architektur. Das „2226“ ist ein Forschungsprojekt, eine Versuchsanordnung, die auch nach Fertigstellung unter ständiger Beobachtung steht. Ein Experiment, das jahrhundertealte Baukunst mit modernster Technologie verbindet. In seiner massiven, monumentalen Erscheinung erinnert das Bürohaus an ein schmuckloses gemauertes Schloss.
