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Interview | Handwerkskunst aus Matsch

Theresa Spatzier hat die Leidenschaft, die sie schon als Kind hatte, zu ihrem Beruf gemacht: Als Gründerin des Unternehmens Matschwerk gibt sie Töpferkurse und verkauft eigene Keramik. Im Interview mit Bauen mit Ziegel berichtet sie von der wachsenden Wertschätzung für echtes Handwerk und davon, wie man beim Töpfern das innere Kind wiederentdecken und den erwachsenen Perfektionismus ablegen kann.

Theresa Spatzier hat das Unternehmen Matschwerk gegründet. Sie gibt Töpferkurse und verkauft eigene Ware aus Ton.

Wie sind Sie zum Töpfern gekommen?

Als wir klein waren, hat meine Mama mit meinen zwei Schwestern und mir viel Kreatives gemacht, ganz typisch mit Kastanien gebastelt, aber auch mit Salzteig oder Gips. Dann irgendwann war selbsttrocknender Ton in und ich habe viel damit herumprobiert: Ich hatte eine ganz kleine elektrische Töpferscheibe – rot-gelb war die – da erinnere ich mich noch genau dran. Ich fand es schon immer faszinierend, etwas mit den eigenen Händen zu machen, auch im Garten ohne Handschuhe in der Erde zu wühlen. Mit dem Erwachsenwerden zählte diese Kreativität nicht mehr als cool und ich verlor sie aus dem Fokus. Irgendwann stellte sich die Frage nach dem beruflichen Weg. Meine Schwestern hatten beide ein Studium begonnen und ich wusste, dass ich etwas Greifbareres machen möchte. Etwas Handwerkliches hatte ich nur leider gar nicht im Blick. Deswegen habe ich eine Ausbildung gemacht und angefangen, im Büro zu arbeiten. Später habe ich aber gemerkt: Nichts selbst zu schaffen, ist nicht meins. Es blieb immer unbefriedigend für mich. Meine Schwester hat dann irgendwann zufällig davon erzählt, dass sie einen Töpferkurs gemacht hat. Ich habe daraufhin hier in der Nähe gesucht und bin zu meiner jetzigen Keramiklehrerin gekommen. Ich war sofort begeistert: Es ist genau wie früher. Du hast etwas für zuhause geschaffen, das du auch noch benutzen kannst und das einen Wert, eine Sinnhaftigkeit hat. Ich habe ganz viele Kurse besucht und habe gemerkt: Das ist genau meins. Und genauso habe ich Spaß daran, die Freude bei anderen zu sehen.

In den Kursen lernen die Teilnehmenden auch, nicht zu selbstkritisch zu sein.

Wer besucht Ihre Kurse?

Ich biete meine Kurse ab etwa zehn Jahren an – das Alter nach oben ist open end. Sehr beliebt sind die Kurse bei Junggesellinnenabschieden. Dann werden zum Beispiel viele kleine Kugelvasen für den Brauttisch gemacht. Ich habe auch viele ältere Leute, die erzählen, dass sie in ihrer Jugend getöpfert haben. Sie kommen dann her, um es wieder zu probieren, und sind dann froh, nochmal in einem kleinen Rahmen ihre Ideen verwirklichen können. Töpfern weckt etwas in uns, es erinnert an das kindliche Spielen: Du hast etwas an den Händen, es ist nass und matschig. Schlicker ist flüssiger Ton zum Verkleben, der ist fast wie Butter. Damit kann man so richtig schmieren. Ich sage immer, dass man gerne die Hände nehmen darf. Ich habe natürlich auch Werkzeuge, aber ich finde, gerade mit den Händen bekommt man ein viel besseres Gefühl. Man kann richtig spüren, was man mit den eigenen Händen schaffen kann. Ich hatte auch mal eine Teilnehmerin, die zuerst sagte: Huch, das fühlt sich aber komisch an. Aber nachher war sie voll in ihrem Element. Weil: Wann sonst machst du dir die Hände schmutzig, wenn du nicht gerade im Handwerk arbeitest?

Die Herstellung der Keramik im Matschwerk erfolgt in zwei Schritten: Zwischen dem ersten und zweiten Brand erhalten die Produkte eine farbige Glasur.

Klassischerweise stellt man sich Töpfern an der Drehscheibe vor – nutzen Sie die hier auch?

Aus zwei Gründen nutze ich die Töpferscheibe hier nicht: Zum einen verschmutzt sie alles recht schnell und wir sind hier gleichzeitig auch im Verkaufsraum. Meine eigene steht im Keller, aber da habe ich immer einen Spritzschutz. Der zweite Punkt ist, dass es den zeitlichen Rahmen sprengen würde. Als Anfänger würde man in zweieinhalb Stunden nichts außer Tonmatsch produzieren. Viele würden es gerne mal probieren, denn mit Töpfern verbinden viele die Töpferscheibe. Wenn ich aber erkläre, dass du am Tisch alles machen kannst, was du an der Scheibe auch machen kannst – nur eben als Anfänger viel einfacher – sind immer alle ganz überrascht. Auch Rundungen, Kreise oder Kugeln kann du mit ein paar Tricks selbst aufbauen. Das Erfolgserlebnis ist dann in dem Fall ein ganz anderes, weil du am Ende des Kurses drei oder vier Stücke geschafft hast. Viele sind überrascht, wie schnell das ging und wie vertieft sie am Ende waren. Du musst wirklich dabei sein: Man darf nicht hektisch sein oder nebenbei am Handy sein. Das verzeiht einem der Ton nicht: Entweder hält das Stück nicht und fällt wieder zusammen oder im schlimmsten Fall geht es beim Brennen kaputt. Aber das Gute ist: Solange es nicht gebrannt ist, dann kannst du es recyceln.

 

 

Wie recycelt man denn?

Alles, was nicht gebrannt ist, kommt in eine Box mit etwas Wasser, damit der Ton wieder weich wird. Auch Schnittabfall sammele ich in einer Tüte. Da kommt in den Kursen einiges zusammen. Nach ein paar Tagen kann man ihn schon wieder aufkneten und erneut verwenden.

Alles kann als Hilfsmittel dienen: Die Seidenstrumpfhose schützt vorm Festkleben des Tons.

Sie sagten, viele Teilnehmende erleben zwischendurch Frustration. Wie gehen diese aus dem Kurs heraus?

Wenn jemand unzufrieden ist, sage ich oft: Warte erstmal ab. Die Nachbearbeitung und die Glasur machen nochmal etwas ganz anderes aus dem Rohzustand. Da muss man auch ein bisschen vertrauen, denn Ton verändert sich mit jedem Brand. Und wenn die Sachen dann aus dem Ofen kommen, sind viele überrascht: „Das habe ich gemacht? Ich habe meine eigene Tasse gemacht?“. Da merkt man, dass viele durch das Perfektionistische zunächst einmal zweifeln. Nur einmal war eine Person am Ende enttäuscht, dass ihr Werk nicht so aussah, wie sie es sich vorgestellt hatte. Ansonsten ist bisher niemand unzufrieden rausgegangen. Die Rückmeldung ist immer: Es war unglaublich meditativ und entspannend.