Interview | Food-Bloggerin Christina Becher über das Kochen im Tontopf
Christina Becher ist Food-Bloggerin und Autorin des Buches „Alles aus dem Römertopf“. Im Interview berichtet sie von ihrem Alltag als Content Creatorin und erklärt, was das Besondere am Kochen im Römertopf ist.

Was ist ein Römertopf?
Ein Römertopf ist ein Gargerät aus komplett natürlichen Materialien. Ein echtes Naturprodukt also! Die Form aus Ton wird bei über 1000 °C gebrannt. Über die Jahre wurde sie zwar verändert und optimiert, aber das Grundprinzip ist dasselbe geblieben. Klassischerweise wird der Römertopf zum Garen und Schmoren von Eintöpfen verwendet. Wenn man einen Römertopf hat, will man aber mehr als nur die typischen Rezepte darin machen. Man hat nämlich ganz viele Optionen: Brot backen, Aufläufe, One-Pot-Gerichte, Kuchen oder Lasagne. Das ist auch die Idee hinter unserem Buch: Wir wollten zeigen, was alles im Römertopf möglich ist.
Wie kamen Sie zum Römertopf?
Das ist eine ganz witzige Geschichte: Mein Mann hat 2012 einen Römertopf geschenkt bekommen. Ich kannte den von meiner Mutter, habe ihm aber nie viel Beachtung geschenkt. Und auch der von meinem Mann blieb lange Zeit ungenutzt im Keller. 2018 habe ich dann meinen besten Freund Felix auf einem Foodblog-Event kennengelernt und daraus hat sich recht schnell unser gemeinsamer Kontakt mit dem Unternehmen Römertopf ergeben: Wir haben anfangs erst Rezepte für die Webseite Römertopf Rezeptwelt entwickelt und dann kam das Angebot, ein Buch zu schreiben. Wir wollten nicht nur die klassischen Römertopf-Rezepte wie Eintöpfe oder Schmorgerichte machen, sondern eine kulinarische, bunte Mischung mit z.B. im süßen Bereich mit Beeren-Crumble, Bratäpfeln und Bananenbrot.

Haben Sie ein Lieblingsrezept?
Mein wohligstes Rezept – außerhalb vom Römertopf – ist Salzkartoffeln mit Spinat und Spiegelei (lacht). Das ist einfach immer lecker. Wichtig dabei ist aber, dass das Eigelb noch weich ist! Ein Rezept aus unserem Römertopf-Buch, über das ich mich am meisten gefreut habe, ist Tafelspitz mit Meerrettichsauce. Daran erinnere ich mich noch aus meiner Lehre. Für das Buch wollte ich dieses Gericht auf den Römertopf maßschneidern. Die besondere Aufgabe: Alles wird in einem Topf gekocht und soll zeitgleich fertig sein. Die Lösung war, zunächst Fleisch, Gemüse und Brühe zu garen und dann etwas von der Brühe wegzunehmen, um daraus die Meerrettichsauce fertig zu machen.
Was ist das Besondere am Kochen im Römertopf?
Der Römertopf ist immer geschlossen. Dadurch zirkuliert der Dampf im Topf: Wasser steigt auf und tropft vom Deckel wieder runter ins Gargut. So bleiben die Aromen der Gewürze, Kräuter und Zutaten im Gefäß. Deswegen sollte man beim Garprozess nicht ständig den Deckel aufmachen. Die feine Zunge würde sagen: Es schmeckt intensiver! Ich habe mit dem Römertopf schon viele Rezepte ausprobiert. Was ich am genialsten finde: Es brennt nichts an. In der Zeit, in der das Gericht im Ofen ist, kann man Tausende andere Dinge machen und das Gargut ist geschützt. Material, Tradition und Gefühl spielen bei der Zubereitung aber auch eine Rolle: Ton fühlt sich echt und natürlich an. Mit einer Portion Leidenschaft und Liebe schmeckt zwar alles besser, im Römertopf ist die Wahrscheinlichkeit aber nochmal höher, dass es besser schmeckt.

Wieso wird ein Römertopf gewässert und was gibt es noch zu beachten?
Ein klassischer Römertopf wird immer gewässert, damit er Feuchtigkeit abgibt. Es gibt viele Theorien, was das Wässern angeht, z.B. wie lange er im Wasser liegen sollte. Ich sage aber immer: Wenn der Ton sich vollgesaugt hat, dann ist er voll und kann nicht mehr aufnehmen – und 10 bis 15 Minuten reichen dafür. Danach wird der Topf mit Lebensmitteln gefüllt und in den ungeheizten Backofen gestellt. Es ist ganz wichtig, dass der Backofen noch kalt ist und dann erst angestellt wird, weil der Ton sonst platzen würde. Sowieso muss man mit dem Römertopf etwas vorsichtiger umgehen und kann ihn nicht einfach in die Schublade werfen. Zwischen Topf und Deckel sollte man zur Aufbewahrung ein Tuch legen.
Heute gibt es auch Römertöpfe, die den schnellen Temperatur-Änderungen standhalten. Die sind dann zum Beispiel für Feuerstellen geeignet. Und es gibt viele unterschiedliche Größen: In die größte Variante habe ich schon eine ganze Ente gesteckt. Dafür muss natürlich der Backofen groß genug sein. Es gibt aber auch total kleine Formen für zwei Personen. Der klassische Römertopf ist oval, zum Brotbacken gibt es aber auch runde Optionen. Oder Römertopfe mit Glasur, die man nicht wässern muss. Für mich gehört das Wässern aber dazu.

Warum denken Sie, hat man den Römertopf „wiederentdeckt“?
Ich beobachte das an vielen Stellen. Zum Beispiel hat Brotbacken mit Hermann-Teig oder Wurst selbst herstellen auch wieder ein Comeback. Auch die jüngeren Leute können damit etwas anfangen. Ich denke, das hat ein bisschen mit dem Back-to-the-roots-Gedanken und der Natürlichkeit zu tun. In jedem Haushalt gibt es einen Römertopf, auch wenn er vielleicht – wie bei mir – versteckt ist. Und es gibt bestimmt ein Rezept von der Oma. Das ist auch eine Besonderheit des Römertopfes: Er kann schon uralt sein und aussehen wie Hulle, da man ihn nicht sauberschrubben kann. Der Ton vergisst nie und so erzählt jeder Römertopf seine eigene Geschichte von vielen tollen Gerichten.
Kennen Sie auch andere Tonkochgefäße z.B. in die marokkanische Tajine oder die japanische Donabe?
Ich muss da direkt an gefüllte Weinblätter denken, die es in der Küche ganz vieler Länder gibt. Das ist alles sehr ähnlich, aber jeder hat es für sich entwickelt. Und so ist es auch bei den verschiedenen Tongefäßen: Im Grunde geht es darum, dass das Gargut geschützt ist. Den Römertopf kennen die Leute auf der ganzen Welt. Ich hätte gar nicht gedacht, dass das so ein Hype ist. Es gibt etliche Facebook-Gruppen, in denen über das beste Rezept diskutiert wird. Wenn man sich einmal damit befasst hat, dann sieht man es überall. Das Material ist etwas Besonderes. Mit Lehm und Ton wurden auch Häuser oder Grills gebaut. Eine Freundin von mir wohnte auf einem Bauernhof. Die Familie hatte eine Feuerstelle mit Lehmverkleidung im Haus und immer, wenn sie Risse hatte, wurde sie mit Wasser bearbeitet. Ton ist ein lebendiges Produkt, das vielseitig einsetzbar ist – sogar auf dem Grill oder im Ofen.

Frau Becher, wie wurden Sie Food-Bloggerin?
Ich habe schon immer gerne gekocht und dann mit 16 Jahren meine Kochlehre begonnen. Im Anschluss folgte die Hotelfachlehre und danach bin zunächst in der Gastronomie geblieben. Zu dieser Zeit hatte ich nicht ganz so viel Zeit und Energie zum Kochen außerhalb der Arbeit. Im Mutterschutz habe ich dann meine Leidenschaft fürs Kochen wiederentdeckt. Mit meinem Account @farbbechers_cuisine habe ich auf Instagram große Austauschmöglichkeiten gefunden. Ob es nun schon Tausende Foodblogs gab, hat mich 2017 nicht interessiert. Ich wollte mit meinen Rezepten auf meinem Foodblog andere zum Kochen bringen. Bei Social Media spielen natürlich Bilder eine große Rolle, so dass ich auch daran sehr viel Freude gefunden habe. Mittlerweile habe ich zuhause ein eigenes Fotostudio und bin seit 2018 selbstständig im Bereich Food-Fotografie, arbeite regelmäßig auf Messen und Presse-Events oder drehe für Kunden Rezeptvideos. Dadurch ist mein Arbeitsalltag kunterbunt und abwechslungsreich. Früher wollte ich Grafikdesign studieren, weil die Kreativität schon immer da war. Jetzt darf ich in so viele Bereiche reinschnuppern und es dreht sich dabei immer um mein Lieblingsthema Kochen und Kreativität. Mein Erfolgsrezept ist, denke ich, meine Leidenschaft, die mich einfach weiterträgt. Ich hatte keine Ziele, ich habe einfach losgelegt.